Mit einer umfassenden Teilrevision des Gemeindegesetzes wird den Bedürfnissen der Gemeinden Rechnung getragen. So sollen das Verfahren an der Gemeindeversammlung vereinfacht und die Organisationsautonomie gestärkt werden. Einige Anliegen bedingen eine Anpassung der Kantonsverfassung. Der Regierungsrat hat deshalb neben der Teilrevision des Gemeindegesetzes auch eine Änderung der Kantonsverfassung zuhanden der externen Vernehmlassung verabschiedet.
Der Regierungsrat und eine von ihm eingesetzte Arbeitsgruppe mit Gemeindevertretenden befassen sich seit einiger Zeit mit der Änderung des Gemeindegesetzes. Nun hat der Regierungsrat den bereinigten Gesetzesentwurf verabschiedet. Die Teilrevision bezweckt insbesondere die Umsetzung der Anliegen, welche die Gemeinden beim Kanton deponiert haben. Einige Bedürfnisse können jedoch nur mit einer Änderung der Kantonsverfassung umgesetzt werden. Die externe Vernehmlassung zu beiden Vorlagen dauert bis am 6. Oktober 2023.
Hauptinhalt der Teilrevision des Gemeindegesetzes bildet die Vereinfachung des Verfahrens an der Gemeindeversammlung. Der Ablauf der Beratung der Geschäfte sowie die Antragsmöglichkeiten der Stimmberechtigten werden präzisiert. Neu findet zudem zwingend eine Schlussabstimmung zu grundsätzlich jedem Geschäft statt. Den administrativen Räten wird überdies eine längere Frist zur Einberufung von ausserordentlichen Gemeindeversammlungen eingeräumt. Ausserdem können die Gemeinden eine vierjährige Amtsdauer für das Gemeindepräsidium und Gemeindevizepräsidium einführen oder ihre Wappen neu eigenständig festlegen.
Da die Gemeinden ihre Organisation in den vergangenen Jahren erneuert und zeitgemässer ausgestaltet haben, braucht es auch in der Gemeindegesetzgebung flexiblere Regelungen. Heute sind zahlreiche Entscheide dem Gemeinde-, Schul- oder Kirchenrat vorbehalten. Mit den erweiterten Delegationsmöglichkeiten erhalten die Gemeinden mehr Gestaltungsspielraum in ihrer Organisation, wodurch sie in ihrer Autonomie gestärkt werden.
Fakultatives Referendum gegen Verordnungen soll aufgehoben werden
Die Teilrevision der Kantonsverfassung bleibt auf Aspekte beschränkt, welche die Gemeinden betreffen. Einer davon ist die Aufhebung des fakultativen Referendums auf Gemeindeebene gegen Verordnungen des administrativen Rates. Mit der Abschaffung würden die Gesetzgebungskompetenzen zwischen den Stimmberechtigten und dem administrativen Rat in Zukunft denjenigen auf kantonaler Ebene entsprechen. Das heisst: Ermächtigen die Stimmberechtigten den Rat zum Erlassen von Verordnungen, kann er diese neu eigenständig beschliessen. Auch die meisten anderen Kantone kennen kein fakultatives Referendum gegen Erlasse der kommunalen Exekutive. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger können über Reglemente und schriftliche Anträge weiterhin direkt Einfluss auf kommunale Regelungen nehmen.
Justiz- und Sicherheitsdirektorin Karin Kayser-Frutschi ist überzeugt, dass die Neuerung den Gemeinden eine zeitgemässe Organisation erlaubt: «Wenn untergeordnete Bestimmungen nicht mehr dem Referendum unterstellt werden müssen, erhält der administrative Rat eine grössere Flexibilität. Er kann in seinem Kompetenzbereich sachgerecht und ohne Zeitverlust entscheiden.» Dennoch hat der Regierungsrat für die externe Vernehmlassung eine Variante mit und eine ohne Aufhebung des fakultativen Referendums aus-gearbeitet. «Es ist uns ein Anliegen, dass eine politische Debatte zu den Vor- und Nach-teilen der beiden Varianten stattfinden kann», betont Karin Kayser-Frutschi.
Im Anschluss an die Vernehmlassung wird der Regierungsrat die Vorlagen bereinigen und dem Landrat unterbreiten. Die erste Lesung im Kantonsparlament ist für Frühling 2024 vorgesehen. Die Änderung der Kantonsverfassung untersteht dem obligatorischen Referendum. Die Volksabstimmung würde voraussichtlich im Herbst 2024 stattfinden. Kommt die Teilrevision der Kantonsverfassung nicht zustande, hätte dies auch direkte Auswirkungen auf die Vorlage zum Gemeindegesetz.