Bundesgesetz über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten (GATE)

Sehr geehrter Herr Bundesrat
Mit Schreiben vom 16. Dezember 2022 hat das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK die Kantone eingeladen, sich zum Bundesgesetz über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten (GATE) vernehmen zu lassen. Wir bedanken uns für diese Möglichkeit und lassen uns wie folgt vernehmen.

Allgemeines
Der Regierungsrat Nidwalden begrüsst die Stossrichtung der Vorlage, welche grundsätzlich der in der Strombranche bereits heute gelebten Realität entspricht.

lnternationaltätige Schweizer Energieversorgungsunternehmen (EVU) sind den Transparenzpflichten und dem Verbot von lnsiderhandel und Marktmanipulation gemäss der Verordnung (EU) Nr. 122712011 über die lntegrität und Transparenz des Energiegrosshandelsmarkts (REMIT-Verordnung) unterstellt und seit dem Jahr 2013 verpflichtet, diese lnformationen neben der Agentur zur Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) auch der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) zu melden. Dies beinhaltet beispielsweise die Meldung aller Transaktionen an den EU-Börsen sowie die Veröffentlichung aller potenziellen lnsiderinformationen (wie etwa Kraftwerksausfälle) auf einer öffentlich einsehbaren lnsider-lnformations-Plattform (l I P).

Diejenigen Unternehmen, die unter das Bundesgesetz über subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft (FiREG; SR 734.91) fallen, stellen der ElCom zudem bereits heute alle Transaktionsdaten zu ihren Handelsgeschäften in der Schweiz zu. Die ElCom hat somit über den grössten Teil des Schweizer Stromgrosshandelsmarktes bereits Transparenz.

Der vorliegende Entwurf hat zum Ziel, die noch verbleibende Lücke zu schliessen. Dabei ist zu beachten, dass die hohen Grosshandelspreise der vergangenen Monate nicht die Folge einer mangelnden Transparenz oder mangelnden lntegrität auf den Energiegrosshandelsmärkten waren. Die hohen Preise sind vielmehr auf die Energiekrise und die damit verbundene Energieknappheit zurückzuführen. Dies hat auch die ACER basierend auf ihrer Analyse bestätigt (Ende 2021).

Zur Vorlage Der Regierungsrat Nidwalden begrüsst, dass sich der vorliegende Gesetzesentwurf stark an den Bestimmungen der REMIT-Verordnung orientiert. Die international tätigen Schweizer Unternehmen sind den Transparenzpflichten und dem Verbot von lnsiderhandel gemäss der REMIT-Verordnung der Europäischen Union (EU) unterstellt.

Für die Umsetzung des vorliegenden Gesetzes und der nachgelagerten Verordnung ist es daher zwingend, dass die Regeln unter GATE möglichst analog zur EU-Verordnung ausgestaltet sind. Für Art und Umfang der zu veröffentlichenden lnformationen, das Melden von Transaktionsdaten (und Handelsaufträgen) und für das Verfahren der Veröffentlichung dürfen keine Schweizer Sonderlösungen geschaffen werden. Des Weiteren sollen die von ACER akkreditierten llPs in der Schweiz akzeptiert werden. Eine Übereinstimmung der Schweizer Vorlage mit der EU reduziert den Aufwand auf Seiten Marktteilnehmer, Vermittler und Behörden substanziell und trägt unter anderem zur Vergleichbarkeit der Daten bei.

Trotzdem zeigt die Vorlage Abweichungen von der REMIT-Verordnung: Unter GATE sind Vorschriften vorgesehen, welche über die REMIT-Verordnung hinaus gehen, was als nicht zielführend erachtet wird. Die EU-Kommission beabsichtigt, die REMIT-Verordnung zu überarbeiten. Am 23. Januar 2023 hat sie dazu eine Konsultation gestartet. GATE nimmt potenzielle Anpassungen von der REMIT-Verordnung (wie den Einbezug von Regelenergiemärkten) vorweg. Es ist jedoch wichtig, dass GATE nicht über die Bestimmungen der REMIT-Verordnung und die bestehenden Reportings hinausgeht. Der Schweizer Energiegrosshandelsmarkt ist kleiner und homogener als der Markt in der EU. Aus diesem Grund sind Vereinfachungen anzustreben. Die Schweiz sollte sich zwar auf mögliche Anpassungen der REMIT-Verordnung vorbereiten, diese aber nur dann umsetzen, wenn die EU solche ebenfalls zwingend vorsieht.

Die Meldungen zu den Regelenergiemärkten sollen entgegen der Vorlage des Bundes nur auf Anfrage der ElCom erfolgen (analog der aktuell geltenden REM¡T-Verordnung).

Antrag 1:
Auf eine Meldepflicht zu den Regelenergiemärkten ist zu verzichten, weshalb Art. 2 Abs.1 lit. b Zrtf.2 zu streichen ist. Sollte trotzdem an einer Pflicht festgehalten werden, so weisen wir darauf hin, dass die Granularität der Daten nicht zu klein gewählt werden sollte. Von Viertelstundenwerten ist aufgrund der Datenflut abzuraten.

Die REMIT-Verordnung hat in den vergangenen Jahren verschiedene Schwachstellen gezeigt, welche die Schweiz verbessern sollte. Beispielsweise braucht es klare (quantitative) Kriterien, wann lnsiderinformationen zu Kraftwerken veröffentlicht werden müssen und wann nicht. Ein klar definierter Grenzwert ist hier sinnvoll (Kraftwerke ab einer Grösse von 100 MW). ln diesem Fall ist eine Abweichung im Sinne einer Konkretisierung wünschenswert.

Antrag 2:
Art. Z nOs.1 lit. b Zitf .3 ist zu streichen. Grosse Endkunden sollen nicht unter die Reportingpflichten von GATE gestellt werden. Das Kosten/Nutzen-Verhältnis ist zu gering. Es ist davon auszugehen, dass grosse Endkunden diesen Pflichten nicht oder nur ungenügend nachkommen können. Somit besteht das Risiko, dass die EVU einspringen müssten. Diese Aufgabe darf aber nicht in die Verantwortung der EVU fallen, da sie nicht Über die notwendigen lnformationen verfügen und dies für sie zu unverhältnismässigem Aufwand führen wird.

Für kleinere und mittlere EVU wie das Kantonale Elektrizitätswerk Nidwalden (EWN), die neu unter die Meldepflicht fallen, ist die Umsetzung von GATE grundsätzlich sehr anspruchsvoll und aufwändig. lhr Aufwand hat jedoch vertretbar zu bleiben. Um den Aufwand für kleinere und mittlere EVU überschaubar zu halten, ist die Möglichkeit zu schaffen, das Reporting (Transaktionen, lnsiderinformationen) an Dritte zu delegieren. Auch sind Hilfestellungen, und Schulungen zur Umsetzung vorzusehen. Der Regulator muss dabei seine Rolle wahrnehmen.

Die unter dem GATE vorgesehenen Sanktions- und Strafbestimmungen sind im Vergleich mit den Nachbarländern streng. Die strenge Handhabung der Schweiz folgt direkt hinter Deutschland, während die Nachbarländer Österreich und ltalien eine deutlich weniger strenge Handhabung haben. Es wäre wichtig, dass gleiche Märkte (insbesondere solche zwischen denen auch Handel betrieben wird) gleich sanktioniert werden.

Beim Verdacht auf Marktmanipulation sollten zudem nur Vorsatzdelikte und Fälle von grober Fahrlässigkeit aufsichtsrechtlich geahndet werden können. Auch ist im Verdachtsfall sicherzustellen, dass die im Rahmen der Kooperationspflicht gewonnenen lnformationen nicht im strafrechtlichen Verfahren verwendet werden.

lnsbesondere für Produkte, die gemäss REMIT-Verordnung bislang nicht der Meldepflicht unterliegen (OTO-Produkte für Lieferungen innerhalb der Schweiz), braucht es Präzisierungen oder detailliertere Ausführungen im Erläuterungsbericht. Auch geht aus der Vorlage nicht hervor, ob gruppeninterne Geschäfte unter das GATE fallen. Gruppeninterne Geschäfte sollten nur auf Nachfrage des Regulators meldepflichtig sein (analog der REMlT-Verordnung).

Verschiedene Artikel sehen sodann vor, dass der Bundesrat weitere Bestimmungen erlassen kann. Es ist wichtig, dass der Bund dabei die Branche miteinbezieht.

Artikel Teilen

Facebook
Twitter
Linkedin
WhatsApp

Ähnliche Beiträge