Bundesgesetz über den steuerlichen Abzug der Berufskosten von unselbstständig Erwerbstätigen

Sehr geehrte Frau Bundesrätin
Mit Brief vom 21, Dezember 2022 eröffnete der Vorsteher EFD die Vernehmlassung zum Entwurf des Bundesgesetzes über die lndividualbesteuerung.

Wir danken lhnen für die Gelegenheit zur Stellungnahme und lassen uns gerne wie folgt vernehmen.

1 Aktuelle Praxis
Die Kantone wenden die geltende Berufskostenverordnung des Bundes vom 10. Februar 1993, SR 642.118.1, und die daraus publizierten Verwaltungsanweisungen (bspw. Merkblatt N2 2007 der ESTV) mehrheitlich auch für die Veranlagung der Kantons- und Gemeindesteuern an. Trotzdem besteht aufgrund kantonaler Gesetzesspezialitäten eine gewisse Disharmonie.

Die eingesetzten lT-Systeme reduzieren den Abklärungsaufwand bei der Prüfung der zum Abzug beantragten Berufskosten durch die Veranlagungsbehörden nur teilweise. Je nach Berufskostentyp ist der Abklärungsaufwand sogar unverhältnismässig gross.

Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass die Bescheinigungspflicht etwa bezüglich der Kantinenverpflegung selbst für eine kantonale Verwaltung als Arbeitgeber mit grossem Aufwand verbunden ist. Für die korrekte Berücksichtigung der Abzüge im Zusammenhang mit der Homeofficetätigkeit (Kosten für das Arbeitszimmer, reduzierter Abzug für die auswärtige Verpflegung und die Fahrt zum Arbeitsort) werden die Abklärungen dadurch erschwert, dass auf dem auszustellenden Lohnausweis keine Angaben über die geleisteten Homeofficetage zu bescheinigen sind. lm Zuge der Covid-19-Pandemie haben darum die meisten Kantone offiziell darauf verzichtet, Berufskosten zu kürzen, wenn Arbeitnehmende Homeoffice leisten. Die Problematik der Kürzung der Berufskosten bei Arbeit ausserhalb der festen Betriebseinrichtung des Arbeitgebers (Homeoffice, Coworking-Spaces, etc.) wurde in der Veranlagungspraxis schlichtweg ignoriert – auch weil oftmals weder Arbeitnehmende noch Arbeitgeber verlässliche Daten darüber haben, wer wann wo gearbeitet hat. Selbst die in der aktuellen Berufskostenverordnung vorgesehene Kürzung der übrigen Berufskosten bei Teilzeiterwerb wird in vielen Kantonen nicht konsequent gelebt, da das Arbeitspensum auf dem Lohnausweis nicht bescheinigt werden muss. Wie die Eidgenössische Steuerverwaltung anlässlich ihrer Kontrolle der Kantone im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit im Jahr 2021 feststellen musste, scheitert die konsequente Kürzung der Pauschale für übrige Berufskosten (Art. 7 Abs. 2 Berufskostenverordnung) bei Teilzeiterwerb in der Praxis vielfach am verwaltungsökonomisch unverhältnismässigen Abklärungsaufwand.

Zudem wird durch das heutige gesellschaftliche Umfeld und das Arbeitsumfeld immer wieder die Frage nach der Berechtigung einzelner Berufskostentypen aufgeworfen. Gerade der Abzug für auswärtige Verpflegung entspricht schon länger nicht mehr der Lebensrealität der meisten Arbeitnehmenden, da einerseits die Rückkehr nach Hause über Mittag für viele nicht mehr eine Frage des Arbeitsweges ist und andererseits Preisunterschiede auswärtiger Verpflegung gegenüber der Verpflegung zu Hause durch neue Convenience- und FastFood-Angebote weitgehend verschwunden sind.

lm Bereich der Berufskosten besteht deshalb sowohl auf eidgenössischer als auch auf kantonaler Ebene Handlungsbedarf. lnsofern wird die Stossrichtung des vorliegenden Vorschlags, der unter anderem eine Vereinfachung und die steuerliche Neutralität der Arbeitsformen anstrebt, begrüsst.

2 Vorgeschlagene Lösung
Neu sollen unselbstständig erwerbstätige Personen zwischen einer einkommensunabhängigen Pauschale für die Berufskosten oder der Geltendmachung der effektiven Berufskosten wählen können. Damit sollen Verzerrungen bei der Wahl zwischen den Arbeitsformen reduziert und der administrative Aufwand sowohl bei den steuerpflichtigen Personen als auch bei den Steuerbehörden verkleinert werden. Zudem soll die vorgeschlagene Lösung für den Bund aufkommensneutral sein.

3 Stellungnahme

3.1 Allgemeines
Die Stossrichtung der Vorlage, die auf eine Vereinfachung sowohl für Arbeitnehmende als auch die Veranlagungsbehörden abzielt, wird begrüsst. ln den letzten Jahren haben sich viele neue Arbeitsformen entwickelt, die ein Festhalten am Begriff des Arbeitsortes als zentralem Element für die Berufskosten als unpraktikabel erscheinen lassen. So hat sich nicht nur Homeoffice durchgesetzt, sondern es sind begünstigt durch neue Kollaborationstechnologien verschiedene Formen teilmobilen Arbeitens entstanden, die situativ und wechselnd kombiniert werden. Dieser fluiden Lebensrealität wird der aus dem lndustriezeitalter stammende Berufskostenabzug (längst) nicht mehr gerecht.

Aus Sicht des Kantons Nidwalden ist es zentral, dass die Neuregelung der Abzüge für Berufskosten sowohl für die Arbeitnehmenden als auch für die Arbeitgeber und die Veranlagungsbehörden Vereinfachungen und einen Bürokratieabbau bringt.

3.2 Arbeitsformneutrale Pauschale oder effektive Kosten
Auf Seite 12 des erläuternden Berichts werden die Kriterien der neuen Pauschale ausgeführt. Sie soll unabhängig von der Form der Arbeitstätigkeit (Arbeitsformneutralität) möglich sein. Die Verfolgung dieses Anlieges ist als positiv zu bewerten.

Begrüsst wird die vorgeschlagene Wahlmöglichkeit zwischen Pauschale und Geltendmachung der effektiven Kosten. Dieses Wahlrecht wirkt sich zwar negativ auf die beabsichtigte Vereinfachung der neuen Ordnung aus, denn bei Geltendmachung der effektiven Kosten bleibt der administrative Aufwand sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Steuerbehörden nach wie vor sehr hoch. Das Wahlrecht erhöht jedoch die politische Akzeptanz der Vorlage massgeblich und ermöglicht es, auf besondere Einzelfallkonstellationen einzugehen.

3.3 Aufkommensneutralität
Die angestrebte Aufkommensneutralität steht im Zielkonflikt mit der Vereinfachung – insbesondere wegen der vorgeschlagenen Wahlmöglichkeit. Um das Ziel einer wesentlichen Vereinfachung erreichen zu können, muss die fixe Pauschale betragsmässig hoch genug festgelegt werden, um möglichst viele Steuerpflichtige davon abzuhalten, die effektiven Kosten geltend machen zu wollen. Gewisse Steuerausfälle beim Bund sind hierfÜr in Kauf zu nehmen.

3.4 Verbindlichkeit für die Kantone
Auf kantonaler Ebene soll die gleiche Regelung wie beim Bund gelten. Die Höhe der Pauschale liegt aber weiterhin in der Kompetenz der Kantone. Dieser Ansatz ist im Sinne der vertikalen Harmonisierung zu begrüssen. lm Erläuterungsbericht wird in diesem Zusammenhang festgehalten, dass bei Geltendmachung der effektiven Kosten auf der einen Ebene die Anwendung der Pauschale auf der anderen Ebene ausgeschlossen ist. Dieser Grundsatz sollte sowohl im DBG als auch im SIHG festgehalten werden.

3.5 Kürzung der Pauschale und Einkommensunabhängigkeit
Gesetzestechnisch fehlt im StHG eine gleichlautende Bestimmung wie im DBG zur angemessenen Kürzung der Pauschale. Auch im SIHG ist festzuschreiben, dass diese bei unselbstständiger Erwerbstätigkeit nur während eines Teils des Jahres oder bei Teilzeitarbeit zu kürzen ist. Dies behebt allerdings noch nicht die Problematik, dass das Arbeitspensum auf dem Lohnausweis nicht bescheinigt werden muss – anders als der Arbeitszeitraum. Sollte an der vorgesehen Kürzung bei Teilzeitarbeit festgehalten werden, soll das Arbeitspensum künftig auf dem Lohnausweis bescheinigt werden.

Da eine lineare Kürzung der Pauschale in vielen Konstellationen nicht sachgerecht erscheint – so fallen etwa bei einer 90 Prozent-Erwerbstätigkeit oftmals die gleichen Aufwände an, wie bei einer 100 Prozent-Erwerbstätigkeit – wäre es sinnvoll, auf eine Kürzung bei Erwerbstätigkeit nur während eines Teils des Jahres oder bei Teilzeitarbeit zu verzichten. Stattdessen soll der Teilzeitarbeit auch dadurch Rechnung getragen werden, dass auf die Einkommensunabhängigkeit verzichtet wird und die Pauschale wie im aktuellen Recht die Pauschale für übrige Berufskosten an das Einkommen gekoppelt wird.

3.6 Lohnausweis
Eine Änderung der Abzugsfähigkeit der Berufskosten – wie hier vorgeschlagen – könnte sich auch auf die Bescheinigung von weiteren geldwerten Leistungen der Arbeitgebenden an die Arbeitnehmenden auf dem Lohnausweis auswirken, insbesondere im Bereich der auswärtigen Verpflegung oder bei der Beteiligung des Arbeitgebenden zum Beispiel an Kosten für Homeoffice oder für einen Coworking Space Arbeitsplatz. Denn geldwerte Leistungen des Arbeitgebenden stellen grundsätzlich steuerbares Einkommen dar.

Die Botschaft und gegebenenfalls die Verordnung sollen diesbezüglich klarstellen, dass aus der Vereinfachung der abzugsfähigen Berufskosten keine neuen Deklarationspflichten für Arbeitgebende entstehen, sondern dass im Gegenteil die Bescheinigungspflichten reduziert und damit Bürokratie abgebaut wird, weil beispielsweise Arbeitgebende nicht mehr beurteilen müssen, ob Arbeitnehmende die Möglichkeit zur Kantinenverpflegung haben oder nicht.

Wir bitten Sie um Prüfung unserer Überlegungen und danken lhnen für die Gelegenheit zur Abgabe unserer Stellungnahme.

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