Beim Kinderbetreuungsgesetz ist ein Neustart erforderlich

Bei der Vorlage für ein neues kantonales Kinderbetreuungsgesetz gehen die Meinungen weit auseinander. Der Regierungsrat hat deshalb den Gesetzgebungsprozess gestoppt. Zuerst soll eine vertiefte Auslegeordnung erfolgen. Ziel ist es, die unterschiedlichen Anspruchsgruppen früher ins Projekt miteinzubeziehen und einen möglichst gemeinsamen Nenner zu finden.

Das aktuelle Gesetz über die familienergänzende Kinderbetreuung ist seit 2013 in Kraft. Es bezweckt die Bereitstellung von genügend bezahlbaren Betreuungsplätzen in ausreichender Qualität, um der Nidwaldner Bevölkerung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. Seither haben sieben Institutionen an neun Standorten ein entsprechendes Angebot lanciert. Auch aufgrund dieser rasanten Zunahme wurde bereits 2016 der Bedarf einer Gesetzesrevision festgestellt, unter anderem bei den Abrechnungsmodalitäten von Kindertagesstätten, bei der Ausgestaltung der Elternbeiträge oder bei den Qualitätskriterien in der familienexternen Kinderbetreuung. In der Folge schlug eine vom Regierungsrat eingesetzte Projektgruppe unter dem Lead der Gesundheits- und Sozialdirektion eine umfassende Totalrevision vor, um den neusten Entwicklungen in diesem Bereich gerecht zu werden und diese unter Einbezug von Gemeinden, Fachorganisationen, Kirchen und Parteien in ein neues Gesetz zu überführen.

Die Vernehmlassung im Sommer 2019 löste ein sehr uneinheitliches Echo auf die Vorlage aus. Zwar waren sich praktisch alle Teilnehmenden einig, dass das Prinzip der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Zukunft noch stärker gewichtet werden soll, über die Art und Weise gingen die Meinungen indes weit auseinander. Wenig Konsens herrschte unter anderem bei der Festlegung der Qualitätsstandards von Kinderbetreuungseinrichtungen, beim Berechnungsmodell der Gemeindebeiträge oder bei der Einkommensobergrenze, nach welcher Familien einen Anspruch auf staatliche Beiträge geltend machen können.

Dialog mit relevanten Akteuren führen
Nach der Auswertung der Vernehmlassung nahm die aufkommende Corona-Pandemie die Ressourcen der Gesundheits- und Sozialdirektion über lange Zeit stark in Anspruch. Hinzu kamen personelle Wechsel in den Projektgremien, was zu einer starken Verzögerung des angestossenen Revisionsprozesses führte. In der Zwischenzeit sind die Arbeiten daran wieder aufgenommen worden. Allerdings kommen sowohl die Gesundheits- und Sozialdirektion wie auch der Regierungsrat zum Schluss, das Gesetzgebungsprojekt zum jetzigen Zeitpunkt zu sistieren. «Die Vorlage würde angesichts der stark divergierenden Haltungen der Diskussion im Landrat kaum standhalten», begründet Gesundheits- und Sozialdirektorin Michèle Blöchliger.

Das Bedürfnis nach einer Revision ist allerdings nicht von der Hand zu weisen. «Aufgrund der Fülle an Vorschlägen und Anregungen aus der Vernehmlassung soll ein Dialog mit den relevanten Akteuren im Kanton Nidwalden geführt werden», erklärt Michèle Blöchliger weiter. Dieser kann beispielsweise in Form einer «Zukunfts-Werkstatt» erfolgen, sobald die epidemiologische Lage und die Covid-19Massnahmen dies wieder zulassen. Darauf aufbauend sollen die Stossrichtung und die dringlichsten Schwerpunkte definiert werden, welche wegweisend für die weitere Entwicklung des Kinderbetreuungsgesetzes sowie Form und Zusammensetzung der künftigen Projektgruppe sein sollen. Vorbehältlich des weiteren Verlaufs der Covid-19-Pandemie sollen die Grundlagen für den Neustart des Gesetzgebungsprozesses im Herbst dieses Jahres vorliegen.

Bis auf Weiteres bleibt das bisherige Kinderbetreuungsgesetz in Kraft. Klärende Präzisierungen etwa zu Abrechnungsmodalitäten mit den Betreuungseinrichtungen können durch Weisungen vorgenommen werden.

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