Altlasten abgebaut – wertvolle Trouvaillen zugänglich gemacht

Vor einem Jahr hat das Staatsarchiv Nidwalden ein Projekt gestartet zur Nacherschliessung von über 500 Laufmetern bisher unbenutzbarer Archivalien. Rund 160 Laufmeter sind inzwischen bearbeitet. Archivwürdige Bestände wurden erschlossen und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, darunter auch der umfangreiche Teilnachlass des Nidwaldner Staatsarchivars und Kunsthistorikers Robert Durrer.

Das Staatsarchiv Nidwalden ist das historische Gedächtnis des Kantons. Es bewahrt Dokumente aus mehr als 800 Jahren Nidwaldner Geschichte auf und stellt diese Interessierten zur Verfügung. Doch über 500 Laufmeter der Archivquellen lagerten bis vor kurzem noch unerschlossen in den Magazinräumen, der Inhalt war nicht oder nur sehr oberflächlich bekannt. Um deren Nutzung zu ermöglichen und Verlusten vorzubeugen, hatte der Landrat im November 2019 einen ausserordentlichen Kredit für eine befristete Projektstelle bewilligt. Seit dem 1. Mai 2020 ist die Historikerin und Archivarin Monika Burri daran, die unerschlossenen Bestände zu sichten, zu ordnen und zu verzeichnen. Rund vier Jahre sind für die Nacherschliessungsarbeiten vorgesehen. Bis Ende 2024 sollen die bedeutsamen Bestände zur Nidwaldner Geschichte konservatorisch behandelt und für die Nutzung zugänglich sein.

160 Laufmeter wurden im ersten Projektjahr auf ihre Archivwürdigkeit geprüft, zu benutzbaren Einheiten zusammengeführt und verzeichnet: Aus Massenakten – so etwa Falldossiers von Betreibungsämtern oder Gesuchen für Heimatscheine – wurden beispielhafte Stichproben aufbewahrt. Historisch relevante Bestände hingegen wurden ohne Aussonderungen geordnet und verzeichnet, so etwa Akten und Amtsbücher des Oberforstamts oder Korrespondenz der Standeskanzlei aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Erschlossen wurden auch wertvolle Bestände privater Herkunft, so die Archive der drei Nidwaldner Politikerfamilien Businger, Zelger und Durrer, die nebst Korrespondenzen und persönlichen Aufzeichnungen auch Akten zu Amtstätigkeiten enthalten, und deren Überlieferung bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht.

Zu den Beständen, die nun erstmals benutzt werden können, gehört auch der kulturhistorisch bedeutsame Teilnachlass des Nidwaldner Staatsarchivars, Geschichtsforschers, Kunstschaffenden, Denkmalpflegers und Archäologen Robert Durrer (1867–1934). Mehr als 12 Laufmeter nimmt dieser ein. Wesentliche Zeugnisse von Durrers vielseitiger und unermüdlicher Tätigkeit sind darin enthalten: Manuskripte und Rezensionen zum publizistischen Werk; die nahezu lückenlos überlieferte private und berufliche Korrespondenz aus fünf Lebensjahrzehnten; Zeichnungen und Notizbücher; Fotodokumentationen und Inspirationssammlungen zum kunsthistorischen wie auch zum künstlerischen Schaffen. Ein weiterer Teil des Nachlasses von Robert Durrer befindet sich im Stiftsarchiv Engelberg, künstlerische Objekte auch im Nidwaldner Museum.

Durrers wissenschaftliche Arbeit und seine künstlerische Tätigkeit waren in fruchtbarer Weise miteinander verbunden. Von den erforschten Kunstdenkmälern, die er in akribischen Illustrationen dokumentierte, liess er sich zu eigenen Entwürfen für traditionsverbundene Insignien, Wappen und Gefässe anregen. Der Autor des Standardwerks «Die Kunstdenkmäler des Kantons Unterwalden» interessierte sich aber ebenso sehr für seine Zeitgenossen – etwa, indem er sie mit spitzer Feder karikierte. Besondere Gelegenheit dazu boten ihm offenbar die Sitzungen des Kantonsgerichts, dem er von 1895 bis zu seinem Tod 1934 angehörte. Im Rahmen des Nacherschliessungsprojekts sind Gesetzestexte wie auch Gerichtsakten zum Vorschein gekommen, auf denen Kantonsrichter Durrer seine unverkennbaren Spuren hinterlassen hat.

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