Änderung des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG): Verhandlung der Tarife der Analysenliste.

Sehr geehrter Herr Bundespräsident
Mit Brief vom 9. Dezember 2022 unterbreiteten Sie uns den Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG) (Verhandlung der Tarife der Analysenliste [AL]) mit der Bitte, bis zum 31. März 2023 eine Stellungnahme abzugeben.

Wir danken lhnen für diese Möglichkeit und nehmen wie folgt Stellung.

Wir teilen die Meinung des Bundesrates, der in seinem erläuternden Bericht zur Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens an der von den Motionären erhofften Wirkung der Änderung zweifelt.

Die heute in der AL erfassten Tarife sind Höchsttarife. Bereits heute ist es den Tarifpartnern gestattet, tiefere Tarife festzulegen, jedoch wurde bis jetzt nie von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Die medizinische Laborlandschaft der Schweiz ist durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Akteuren geprägt. Das Spektrum reicht von kleinen Praxislaboratorien, die für den Eigenbedarf Analysen durchführen, über Spitallaboratorien bis hin zu sehr grossen und stark automatisierten Laboratorien mit grossem Auftragsvolumen. All diese Laboratorien sind nicht einem einzigen Verband angeschlossen, sondern es gibt unterschiedliche Verbände je nach Ausrichtung der Laboratorien. Es ist also damit zu rechnen, dass mehrere Tarifverhandlungen geführt werden müssten, was zu einem erheblichen Mehraufwand für die Versichererverbände und die Leistungserbringer führen würde. Es darf daran gezweifelt werden, dass solche Verhandlungen die Prozesse beschleunigen.

Dies umso mehr, da die Liste der zur obligatorischen Krankenversicherung (OKP) zugelassenen Analysen immer noch durch den Bund, nach Überprüfung der Wirksamkeit Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) der Leistungen, erlassen würde. Die aktuelle AL wird zwei bis drei Mal im Jahr aktualisiert, unter anderem um neue Analysen aufzunehmen respektive Leistungen zu streichen, die nicht mehr den WZW-Kriterien genügen. Dies würde auch in Zukunft geschehen, was aber eine grosse und umgehende Reaktivität der Tarifpartner bedürfte. An dieser Reaktivität und generell an der Fähigkeit der Tarifpartner, sich rasch zu finden, darf vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen im Bereich der Tarifverhandlungen im ambulanten Bereich (beispielsweise: TARMED Taxpunktwerte, Abgeltung psychologische Psychotherapie) stark gezweifelt werden.

Je nach vereinbarter Tarifart müssten dann der Bund oder die Kantone die abgeschlossenen Tarifverträge auf ihre Wirtschaftlichkeit und Billigkeit prüfen und genehmigen. Wenn hingegen die Tarifpartner sich nicht einigen können, muss entweder der Bund, im Falle einer nationalen Einzelleistungstarifstruktur, diese Struktur subsidiär festsetzen oder die Kantone haben die Tarife festzusetzen, was zu einer grossen Heterogenität der Tarife führen würde, in einem Leistungsbereich, wo dies nur schwer vertretbar ist.

Aufgrund der vorangegangenen Erläuterungen kann keineswegs davon ausgegangen werden, dass mit der von den Motionären vorgeschlagenen Änderung des KVG die erhofftenZiele (beschleunigte Prozesse, Bremsen des Anstiegs der Gesundheitskosten) erreicht werden können. Vielmehr verlängert das vorgeschlagene Vorgehen die Prozesse. Durch den hohen Mehraufwand sowohl beim Bund und bei den Kantonen als insbesondere auch bei den Vertragspartnern wird ein allfälliges Einsparungspotenzial zunichtegemacht.

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