Änderung der Verordnung zum Strafgesetzbuch und zum Militärstrafgesetz

Mit Schreiben vom 3. März 2023 eröffnete das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) unter anderem bei den Kantonen das Vernehmlassungsverfahren in Sachen Änderung der Verordnung zum Strafgesetzbuch und zum Militärstrafgesetz. Für die Möglichkeit zur Stellungnahme bedanken wir uns.

1 Vorbemerkungen
Am 17, Juni 2022 hat das Parlament eine Änderung der Strafprozessordnung (SIPO, SR 312.0) beschlossen (BBl 2022 1560). lm Zuge dieser Revision wurden auch einzelne Bestimmungen im Jugendstrafgesetz (JSIG, SR 311.1) geändert. lnsbesondere werden Jugendliche, die vor und nach Vollendung ihres 18. Altersjahres Straftaten begangen haben, neu grundsätzlich formell getrennt beurteilt und sanktioniert. Aufgrund dieser formellen Trennung kann es sein, dass Sanktionen separater Urteile von Strafbehörden des gleichen Kantons oder verschiedener Kantone im Vollzug zusammentreffen. Wie der Vollzug dieser Sanktionen erfolgen soll, muss gestützt auf Artikel 38 JStG (Delegationsnorm) auf Verordnungsebene geklärt werden. Dies soll im Rahmen einer Revision der Verordnung zum Strafgesetzbuch und zum Militärstrafgesetz (V-StG B-M StG ) erfolgen.

Die Regelung von Vorgehen und Zuständigkeiten, wenn mehrere Sanktionen nach dem Jugendstrafgesetz (JStG, SR 31 1.1) und dem Strafgesetzbuch (StGB, SR 31 1) gleichzeitig vollzogen werden, ist grundsätzlich zu begrüssen. Es erscheint auch sinnvoll, dass diese Regelungen durch eine Anpassung der V-StGB-MStG erfolgen soll.

2 Stellungnahme zur Vorlage

2.1 Grundsätzliche Bemerkungen
Wir weisen darauf hin, dass die Regelungen bezüglich der gemeinnützigen Arbeit in der Verordnung (Art. 3 Abs. 1 , 11, 12,14 Abs. 1 Bst. b und c und Art. 17) immer noch davon ausgehen, dass es sich bei der gemeinnützigen Arbeit um eine eigenständige Sanktion und nicht um eine Vollzugsform handelt. Die Gelegenheit sollte genutzt werden, um diese Bestimmungen an das seit 1. Januar 2018 geltende Recht anzupassen.

Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb sich der Verweis in Art. 4 des Entwurfs der V-SIGB-MSIG lediglich auf die Art. 76 – 78 StGB beschränkt. Weshalb soll in diesen Fällen Halbgefangenschaft möglich sein, nicht aber gemeinnützige Arbeit oder elektronische Überwachung? Was gilt für die Art. 80 bis 89 SIGB? Diese Bestimmung sollte unter diesen Gesichtsunkten noch einmal überprüft werden.

2.2 Zu den einzelnen Bestimmungen
Zu Art. 12d Abs. 1 E-V-SIGB-MStG
Gemäss dem 1. Teil dieser Bestimmung vollzieht die zuständige Behörde die dringlichste oder zweckmässigste Schutzmassnahme oder therapeutische Massnahme und schiebt den Vollzug der anderen auf, wenn Schutzmassnahmen nach den Aft. 12-15 JSIG mit therapeutischen Massnahmen nach den Art. 59-61 und Art. 63 StGB im Vollzug zusammentreffen. Nicht geregelt ist, wie vorzugehen ist, wenn die vollzogene Schutzmassnahme oder therapeutische Massnahme beendet wird. Es stellt sich daher die Frage, was in diesem Fall mit den aufgeschobenen Schutzmassnahmen oder therapeutischen Massnahmen geschieht, Dieser Punkt sollte geklärt werden.

Zu Art. 1 2e E-V-StGB-MStG
Nach dieser Bestimmung gehen die Unterbringungen nach Art. 15 JSIG dem Vollzug von Freiheitsstrafen nach StGB voraus, wenn sie im Vollzug zusammentreffen. Hier fragt sich einerseits, ob diesfalls der Vollzug der Freiheitsstrafen aufzuschieben ist und andererseits, wie bei der Beendigung der Unterbringung zu verfahren ist. Beides ist nicht geregelt. Bezüglich der Frage des Aufschubs der Freiheitsstrafe würde folgende Ergänzung Klarheit schaffen: . Das Vorgehen bei der Beendigung der Unterbringung könnte sich ferner sinngemäss nach Art. 32 JStG richten.

Zu Art. 12f E-V-StGB-MStG
Auch beim gleichzeitigen Vollzug von Strafen nach JStG und stationären therapeutischen Massnahmen nach StGB fehlt eine Regelung, wie bei der Beendigung der stationären therapeutischen Massnahmen vorzugehen ist beziehungsweise wie dann mit den aufgeschobenen Jugendstrafen zu verfahren ist. Hier käme eine sinngemässe Anwendung von Art. 62b Abs. 3 und Art. 62c Abs. 2 StGB in Betracht.

Zu Ar1..12q Abs. E-V-StGB-MStG
Beim gleichzeitigen Vollzug von Schutzmassnahmen nach den Art. 12-15 JStG oder persönlicher Leistung nach Arl. 23 JSIG und einer Verwahrung nach Art. 64 Abs. 1 StGB geht die Verwahrung dem Vollzug der übrigen Sanktionen voraus. Hier ist ebenfalls zu regeln, wie mit den übrigen Sanktionen zu verfahren ist. Einerseits ist der Vollzug der übrigen Sanktionen zunächst wohl aufzuschieben und andererseits könnte bei Beendigung der Verwahrung auf den Vollzug der übrigen Sanktionen verzichtet werden, wenn ein Vollzug dannzumal überhaupt noch möglich ist. Diese Frage sollte geklärt werden.

Zu Art.14 Abs. 1 e E-V-SIGB-MStG Gemäss dieser Bestimmung ist, wenn die beteiligten Kantone betreffend die Zuständigkeit für den Vollzug nichts anderes vereinbaren, unter anderem in Fällen nach Art. 12d Abs. 1 E-V-StGB-MStG-JStG der Kanton zuständig, dessen Gebiet oder urteilende Behörde die zum Vollzug gelangenden Sanktionen verhängt hat. Nach Art. 12d Abs. 12. Satzteil E-V-StGBMStG-JStG kann es aber zu einem gleichzeitigen Vollzug von Schutzmassnahmen nach JSIG und therapeutischen Massnahmen nach StGB kommen, wenn eine dafür geeignete Einrichtung zur Verfügung steht. ln einem solchen Fall fehlt – sollte es nicht zu einer Vereinbarung kommen – eine Zuständigkeitsregelung (negativer Kompetenzkonflikt).

2.3 ZumZeitpunkt des lnkrafttretens
Ein lnkrafttreten der Änderungen in der V-SIGB-MStG per 1. Januar 2024 erscheint sehr ambitioniert. Die Umsetzung in den Kantonen erfordert Anpassungen am kantonalen Recht. Diese Anpassungen sind in der verbleibenden Zeit bis zum 1. Januar 2024 nicht möglich. Zudem bedürfen die Änderungen einer zusätzlichen inner- und zwischenkantonalen Koordination. Teilweise müssen dazu auch konkordatliche Erlasse angepasst werden. Diese Koordination erfordert ebenfalls eine gewisse Zeit.

Der Regierungsrat. Nidwalden bedankt sich für die Möglichkeit zur Stellungnahme. Zusammenfassend wird die Anderung der Verordnung zum Strafgesetzbuch und zum Militärstrafgesetz unterstützt. Wird danken aber für die Berücksichtigung unsere Vorbehalte und Vorschläge.

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